Als kleiner Nachtrag zum vorherigen Artikel muss nun noch auf etwas hingewiesen werden, das einmal mehr zeigt, wie verschieden Kulturen wirklich sein können. Zum alljährlichen Genozid-Gedenktag wird nämlich, so die Tradition, ein populärer inländischer Sänger (oder eine All-Stars-Gruppe) dazu auserkoren speziell für diesen Anlass einen sogenannten Gedenk-Song zu komponieren. Dieser ist aus der hiesigen Gedenkkultur nicht wegzudenken. Er gehört zum festen Bestandteil jeder Gedenkveranstaltung (und das sind ziemlich viele). Bei den großen, offiziellen Veranstaltungen tritt der Sänger selbstverständlich live auf, auf den eher kleineren wird der Song von der CD gespielt. Zudem ist dieser Song (zusammen mit den anderen Gedenk-Songs vorangegangener Jahre) der musikalische Ersatz für die, in der Gedenkwoche verbotene, heitere Musik. Dies bedeutet, das eben dieser Song in den öffentlichen Transportmitteln, in Supermärkten, sowie auch im Radio und im Fernsehen ständig zu hören ist.
All das wäre nicht besonders erwähnenswert, wenn dieser Song nicht, für unsere Verhältnisse, eher an Schlagermusik erinnern würde, der Text jedoch ein todernstes Thema besingt. Ähnlich im ganzen Land populäres Liedgut kennen wir in Deutschland allenfalls von Anlässen wie der Fussball-WM. Ein Ereignis wie einen Völkermord überhaupt zu besingen, würde in Deutschland wahrscheinlich als absolut pietätlos gelten. Hier gehört es zum Gedenken dazu. Ertönt das Lied an besagten Orten, so wird nicht nur (wie man vielleicht meinen könnte) respektvoll zugehört, sondern oftmals auch laut oder leise mitgesungen. „Genozid, lasst es uns Genozid nennen und kein anderes Wort dafür gebrauchen…“ so in etwa lautet der Refrain des diesjährigen Liedes (das ich leider noch nicht auf Youtube finden konnte). Zu unserer vollsten Verunsicherung trug schliesslich das Video zu diesem Song bei, für dessen Drehort die zentrale Genozid-Gedenkstätte ausgewählt wurde (und an der normalerweise selbst das Fotografieren für Besucher verboten ist). Ihr könnt Euch vorstellen, dass es sehr befremdlich für uns war.
Erstaunlich, wie zwei in unserer Kultur absolut unvereinbare Elemente hier eine völlig normale Symbiose eingehen, die tief in der Mentaliltät der Menschen verwurzelt ist.
Hier ist noch ein Link zu einem Gedenksong aus dem vergangenen Jahr:
Netter Beitrag. Sicher nicht verkehrt, sich damit im detail zu beschaeftigen. Ich werde sicher weitere Posts verfolgen.
Nice topic – respect !