Sorry für die lange Flaute auf unserem Blog, aber die letzten Tage war bei uns unglaublich viel los… Neue Bilder von unserer letzten Station findet Ihr jetzt schon im neuen Album „Ruhengeri“, Berichte folgen dann nächste Woche!
Die Kuh ist da!
Vor einigen Tagen war es endlich soweit, die Kuh ist wohlbehalten in Kiruhura eingetroffen. Die Gemeinde war überglücklich über die Spende und befand darüber hinaus nach fachmännischer Inspektion von Euter und Hufen das Tier als außergewöhnlich hochwertig. Eines besonders großzügigen Spenders zu Ehren gaben wir ihr daraufhin den Namen „Lutzine“. Kurz vor unserer Abreise hatten wir dann noch die Gelegenheit die eigenhändig gemolkene (!) Milch zu genießen. Insgesamt war es also wirklich eine gelungene Aktion – in ein paar Wochen werden wir nochmals in Kiruhura vorbeischauen und Euch berichten, wie es Lutzine so geht… Natürlich gibt es auch exklusive Bilder im neuen Fotoalbum „Die Kuh ist da!“, wo Ihr selbst schwarz auf weiß sehen könnt, wo genau Euer Geld gelandet ist :
Wir sind echt überwältigt, wie viele Leute bei unserer Spendenaktion mitgemacht haben! Der erforderliche Betrag von 250 Euro wurde, aufgrund der zahlreichen und großzügigen Beteiligung, bei Weitem übertroffen. Bisher sind bereits 1085 Euro bei uns eingegangen! Wahnsinn! Die Kuh konnte damit (einschließlich der Transportkosten) ausschließlich aus Euren Spenden finanziert werden. Mit dem übrigen Geld werden wir nun einige der ebenfalls sehr armen Gemeinden, die wir in den vergangenen Tagen besucht haben, mit Nutztieren (Ziegen, Schweine, Hühner…) unterstützen. Die Tiere bilden damit den Grundstock für eine gemeindeeigene Tierzucht, die (wie im Falle der Kuh) zukünftig regelmäßige Einnahmen garantiert. Wir werden also sämtliche Gelder ganz in eurem Sinne und bis auf den Cent genau (nach dem jeweiligen Tageskurs eurer Überweisung) hier einsetzen.
Der ausdrückliche Dank der ganzen Gemeinde Kiruhura, des dortigen Pfarrers Emanuel und natürlich auch unserer geht an:
Thorsten Kisser
Judith und Daniel Renz
Barbara Kling
Frieder Wirth
Jonas Schneider
Ulrich Benker
Fabienne Schugg
Antonia Gampert
Adil Naeem
Susi Benker
Familie Arnold
Claudia Stölzle
Stavroula Tekidou
Lisa Benker
Christina Hinderer
Prof. Dr. Volker Drecoll
Günther Benker
Severin Brodersen
Jonathan Dörrfuß
Anna Michl
Mirjam Schmidle
Mario Dalla Torre
Julia Gleich
Simeon Reusch
Teilbibliothek 2 Uni Bamberg
BSG Allgäu
Marlies und Ulrich Gampert
Lutz Gampert
Michael Handl
Johannes Rougk
Christoph Wörner
Nadine Burgenmeister
Benjamin Boysen
und an alle, deren Spende noch unterwegs ist.
Vielen Dank!
Hallo ihr Lieben,
schon einmal vielen Dank für eure zahlreiche Beteiligung an der Kuh. Nächsten Mittwoch, am 15. Juni 2011, endet unsere Kuhspendenaktion. Wenn also noch jemand mitmachen will, kann er die Gelegenheit noch nutzen!
Vielen Dank!
Neue Bilder sind da! Wenn Ihr sehen wollt, wie es uns fernab der Zivilisation ergangen ist, könnt Ihr Euch ab jetzt die neuesten Fotos unter Fotogallerien/Byumba und Fotogallerien/Das Dorf Kiruhura ansehen…
Spendenaufruf zum Kuhkauf
Die Gemeinden hier finanzieren sich selbst, da es kein Kirchensteuersystem gibt. Die einzige Einnahmequelle sind Spenden. Da die Gemeinde hier jedoch sehr arm ist, können an einem Sonntag gerade mal 5 € Kollekte gesammelt werden, obwohl etwa 150 Leute im Gottesdienst sind. Jedoch sind die Bedürfnisse, die gedeckt werden müssen aufgrund der Armut groß.
Viele Projekte (hauptsächlich im Bereich der Landwirtschaft, wie Tierzucht etc.) gehen dem Pfarrer hier im Kopf herum, die die finanzielle Situation der Gemeinde verbessern sollen. Jedoch fehlt es an allen Ecken und Enden an Geld. Daher haben wir uns dazu entschlossen, der Gemeinde hier eine Kuh zu spenden. Durch den Milchverkauf könnte die Gemeinde monatlich etwa 60 € einnehmen und damit andere Projekte zur Verbesserung ihrer Situation verwirklichen. 60 €, das klingt nicht viel für uns, jedoch kann man hier für 60 € schon sehr viel machen. Vor allem ist uns dabei wichtig, dass diese Kuh und die mit ihr verbundenen Einnahmen einen Grundstein für andere Projekte legen kann. Es muss nicht von heute auf morgen viel verändert werden, jedoch kann damit langsam und Schritt für Schritt ein Ausweg aus der Armut gefunden werden, die immer noch den Alltag von zu vielen Familien bestimmt.
Eine solche Kuh kostet umgerechnet etwa 650 €. 400 € haben wir schon zusammen, von den Spenden, die wir vor unserer Abreise gesammelt haben und von unserem eigenen Geld. Nun würden wir uns sehr freuen, wenn sich 25 Leute finden würden, die mit einer Spende von jeweils 10 € die Finanzierung der Kuh ermöglichen würden.
Wer sich beteiligen möchte, kann sich bitte im Gästebuch mit einem Satz wie: „Kuhkauf – ich bin dabei“ oder so ähnlich eintragen, sodass wir ihm anschließend unsere Kontodaten zuschicken können. Wer nicht namentlich erscheinen möchte, kann uns auch direkt kontaktieren, unter unserer E-Mail Adresse oder unter: julian@ruandablog.com
Vielen Dank!
Der Dorfpfarrer
Genauso wie so ziemlich alles, unterscheidet sich auch die Rolle des Dorfpfarrers hier wesentlich von der Rolle eines Pfarrers in Deutschland. Da wir ja beide bisher reichlich Gelegenheit hatten den Alltag eines deutschen Pfarrhauses mitzuerleben, haben wir nun seit drei Wochen den direkten Vergleich. Zunächst einmal zu seiner Rolle im Dorf: In Kirohura, und ich denke die Situation hier entspricht den übrigen Dörfern in Ruanda, ist der Pfarrer der Einzige, der ein Studium absolviert hat und einer der Wenigen, der nicht ausschließlich von der Landwirtschaft lebt. Zudem hat er einen Führerschein und sein Motorrad ist das einzige motorisierte Fahrzeug weit und breit. Außerdem hat er seit einem Jahr eine Solarzelle auf seinem Dach und verfügt somit über die einzige Stromquelle des Dorfes. Diese ganzen Sachen und Eigenschaften, die ihn von den übrigen Dorfbewohnern unterscheiden, machen ihn nicht nur zu einem bewundernswerten Allround Pfarrer, sondern bringen auch viele Verpflichtungen und Aufgaben mit sich. Neben den Kernaufgaben eines Pfarrers (Gottesdienste, Kasualien, Seelsorge), die hier wie bei uns dieselben sind, ist der Pfarrer hier für viele Aufgaben zuständig, die in Deutschland ganz sicher nicht zum Aufgabenfeld eines Pfarrers zählen. So muss er oft Konflikte zwischen Dorfbewohnern oder Familienmitgliedern schlichten, da er aufgrund seines Bildungsgrades und seiner Neutralität von den Bewohnern als besonders klug und gerecht geschätzt wird. Da hier die nächste Polizeistation oder das nächste Gericht sehr weit weg ist, übernimmt der Pfarrer in vielen Fällen die Funktion solcher Einrichtungen mit. Sei es, dass in der Schule ein Lehrer ein Kind geschlagen hat, der Nachbar nach einem Sorghumbier (tratitionelles Bier) zuviel die ganze Nacht laut grölt oder ein Arbeitgeber seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach kommt – immer ist der Pfarrer die erste Anspruchsperson. Auch sein Motorrad, das er benötigt um die Menschen, die hier so verstreut über die Hügel verteilt wohnen, zu besuchen, bringt einige Pflichten mit sich. So muss er auch mal als Taxi herhalten, wenn ein erkrankter Dorfbewohner zum Arzt oder ins Krankenhaus gebracht werden muss. Da es in Ruanda kein Sozialhilfesystem gibt, suchen Bedürftige und Familien, denen es am Nötigsten fehlt ebenfalls das Pfarrhaus auf. Um all diesen Ansprüchen gerecht werden zu können, braucht der Pfarrer nicht nur viel Zeit und Geduld, sondern vor allem ein offenes Ohr und damit auch einen offene Tür. Wie oft kam es nun schon in den drei Wochen vor, dass schon morgens um acht, als wir frühstücken wollten, jemand im Wohnzimmer saß und den Pfarrer seine Probleme erzählt hat. All diese Leute, die zu jeder Tageszeit an die Tür kommen, bekommen etwas zu Trinken und/oder zu Essen. Ob es nun ein Kilo Zucker ist, ein Kilo Reis oder ein eine warme Mahlzeit, es vergeht kein Tag hier, an dem Emanuel nichts abgibt. Obwohl er all diese Sachen aus eigener Tasche bezahlen muss, sei es Benzin für die Besuche (so etwas wie Dienstfahrten oder ein Fahrtenbuch gibt es hier nicht), oder Benzin für den Generator, um Sonntags für den Gottesdienst das Keyboard zu betreiben wenn nicht genug Sonne für die Solarzelle da war, haben wir das Gefühl, dass er immer gerne gibt. Doch von einem Pfarrgehalt hier, kann er das nicht alles bestreiten. Daher ist er nebenbei auch noch Landwirt, hat ein paar Felder und eine Kuh, um seinen Verdienst etwas aufzubessern und die Kosten decken zu können. Je mehr wir in den Arbeitsalltag von Emanuel Einblick bekommen, umso erstaunlicher finden wir es, mit welchem Engagement und Hoffnung er sich für die Situation seiner sehr armen Gemeinde einsetzt. Und umso dankbarer sind wir, dass er trotz allem auch noch Besucher aufgenommen hat.
Übrigens für alle Kirchengeschichtler unter den Blogbesuchern…
könnte es interessant sein zu erfahren, dass die Wurzeln der Presbyterianischen Kirche Ruandas nicht etwa nach England oder Amerika reichen, sondern nach Deutschland führen. Wie Ihr vielleicht schon wisst, war Ruanda von 1885 – 1918 Teil der deutschen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“. Nach dem Ersten Weltkrieg fiel jedoch Ruanda an Belgien. In der Zeit der Deutschen Kolonialherrschaft wurden auch die ersten christlichen Missionare nach Ruanda entsandt. So gründeten protestantische Missionare der Bethel-Mission unter Friedrich von Bodelschwingh, 1907 die erste protestantische Missionsstation in Kirinda (heutige Westprovinz), die aus einer Kirche, einer Schule und einer Krankenstation bestand. Aus ihr entstand die Presbyterianische Kirche Ruandas, die bis heute die älteste und größte protestantische Kirche in Ruanda ist. Die Missionsstation existiert übrigens, deutlich erweitert, bis heute. Aus der Schule wurde ein großes Internat und aus der Krankenstation ein Krankenhaus.
Schwaben…
Man kennt es. Egal, ob monatelanger Auslandsaufenthalt, dreiwöchiger Sommerurlaub, oder auch nur ein mehrtägiger Kurztrip – die Situation ist immer die gleiche. Man hat für einige Zeit das Ländle verlassen, sei es freiwillig oder unfreiwillig, auf jeden Fall befindet man sich auf unbekanntem Terrain, Neues, Unbekanntes erwartend, gespannt auf fremde Kulturen, Sitten und Gebräuche. Dieser Eindruck herrscht jedoch erfahrungsgemäß nicht allzu lange vor, scheint es doch beinahe eine anthropologische Grundkonstante zu sein, dass es meist nicht lange dauert bis die ersten altbekannten und vertrauten Mitmenschen aus der schwäbischen Heimat auf den Plan treten.
Sei es auf Sizilien, Ostküste – ein abgelegener Campingplatz, weit und breit nur Italiener. Entspannt liegt man in der Sonne, döst ein bisschen – plötzlich hört man es, ganz nahe: „Du, Marga dohanda hots a schees Plätzle…“. Oder ein einfacher Aufkleber auf dem Heck eines Autos mit Waiblinger Kennzeichen auf einem kleinen Parkplatz in einem griechischem Bergdorf mit der Aufschrift: Pro S21. So schnell kann die mediterrane Idylle dahin sein. Auch das einzige deutsche Ehepaar neben einem selbst auf einem einsamen ligurischen Campingplatz muss natürlich direkt neben einem Quartier beziehen und kommt selbstverständlich aus Welzheim. Wie dem auch sei – es scheint fast so, als übten Schwaben im Ausland unterbewusst eine Anziehungskraft aufeinander aus. Entfernungen spielen keine Rolle. Schwabendichte pro Quadratkilometer – ebenso wenig. Versucht man dagegen anzukämpfen und meidet Plätze wo es bekanntlich „bsonders schee isch“, wie beispielsweise einige signifikante Stellen um den Gardasee herum, oder an der Adriaküste, oder man macht am Strand um jeden verdächtigen Dinkelaker-Sonnenschirm einen großen Bogen, hat man meist wenig Erfolg. Schwaben sind überall – Widerstand scheint zwecklos.
So war es auch für mich eigentlich wenig verwunderlich, was sich vor ca. zwei Wochen ereignete. Zuvor muss man anmerken, dass wir seit unserer Ankunft in Ruanda bisher nur einem einzigen Deutschen begegneten (nämlich dem bereits erwähnten Supermarktbesitzer). Die übrigen wenigen Weißen mit denen wir Kontakt hatten, kamen aus Amerika, Kanada und der Schweiz.
Vor zwei Wochen also, konnte ich Pascal begleiten, der als offizieller Vertreter der Presbyterianischen Kirche einen Fußballplatz eröffnen sollte, der von einem Verein einem Internat der Presbyterianischen Kirche gestiftet wurde. Dort angekommen, war meine Verwunderung bereits beim Vorbeifahren an besagtem Sportplatz groß. Stand da doch, inmitten der afrikanischen Wildnis, ein sauber abgemessener Fußballplatz. Rasen grün und akkurat gemäht, ebenso akkurat die weißen Linien gezogen. Große, weiße Tore, grüne, makellose Netze – ich traute meinen Augen kaum. So etwas hier aufzubauen, erfordert sicherlich einiges an Aufwand. Saubere Arbeit.
Während der Veranstaltung hatte ich dann Gelegenheit mit den Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen, die mit fünf Mitgliedern aus Deutschland vertreten waren. Und plötzlich war sie da, diese so vertraute Situation: man sieht sich, grüßt sich, kommt ins Gespräch. Kurz: „mr schwätzt halt“. Und dann stellt sich heraus: die Vorsitzende des Vereins und ihr Mann kommen aus Reutlingen, weitere der anwesenden Vereinsmitglieder aus Balingen bzw. Freiburg. Zufall? Vielleicht, dennoch glaube ich mittlerweile, dass sogar auf dem Mars der erste Mensch, der mir begegnen würde, mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Schwabe wäre.
PS.: Der Verein heißt übrigens „Junge Menschen für Afrika e.V.“ und engagiert sich seit vielen Jahren in Ruanda im Bereich Entwicklungshilfe. Ich hatte sowohl von dessen Arbeit, als auch von Kompentenz und Einsatz der Vereinsleitung einen sehr positiven Eindruck. Wen es interessiert, der kann ja mal auf deren Homepage (www.kirinda.de) vorbeischauen. Dort findet Ihr übrigens auch Bilder vom Tag der Sportplatzeinweihung.
Einige neue Bilder aus unserer Woche in Byumba unter Fotogallerien/Byumba…
Das Dorf Kiruhura
Vor einer Woche haben wir unsere nächste Station erreicht: Das Dorf Kiruhura. Es liegt im Norden Ruandas, etwa sieben Kilometer von der Grenze zu Uganda entfernt und hat insgesamt 3500 Einwohner, die sich jedoch weitläufig auf unzählige Hügel verteilen. Auf jedem Hügel stehen fünf bis zehn einfache Hütten aus Lehm, umgeben von kleinen terrassierten Feldern, auf denen Kartoffeln, Bohnen oder Bananen angebaut werden. In den Tälern befinden sich Teeplantagen, auf denen der qualitativ beste Tee Afrikas wächst und auf denen ein Großteil der Bevölkerung dieser Region Arbeit findet. Die Landschaft ist durchzogen von kleinen Bächen und die nicht genutzten Flächen auf den Hügeln sind dicht mit Eukalyptusbäumen bewachsen. Insgesamt ergibt sich damit ein äußerst idyllisches, in den verschiedensten Grüntönen leuchtendes Landschaftsbild. Die Häuser sind durch einfache Trampelpfade miteinander verbunden und auch wir konnten das Dorf nur mithilfe eines
Allrad-Jeeps auf einer schwer befahrbaren, nach Regen nicht passierbaren Straße erreichen. Jede Familie hat durchschnittlich sieben Kinder, aber auch Familien mit zehn Kindern sind keine Seltenheit. Die Familien versorgen sich weitgehend selber: Neben ihren Feldern, hat fast jede Familie einige Nutztiere: Hühner laufen im Hof herum, Ziegen oder Schafe grasen angebunden an Bäumen und die wohlhabenderen Familien können sich auch eine Kuh oder ein Schwein halten. Läden gibt es keine. Die wenigen Dinge, die die Menschen zum Leben brauchen, jedoch nicht selbst herstellen können, wie Kleidung, Seife Kerzen, Streichhölzer und Salz, finden sie auf einem kleinen Markt, der zweimal pro Woche in der nächst größeren Stadt stattfindet und zu dem die Menschen oft mehrere Kilometer zu Fuß die steilen Hügel hinauf und hinab zurücklegen. Das Geld dafür erwirtschaften sie durch den Verkauf ihres Gemüses und Obsts bzw. durch Arbeit auf den Teeplantagen, wo sie für ein gepflücktes Kilo Tee 25 RWF (3 Cent) verdienen können. Ein kräftiger Arbeiter, kann bis zu 100 Kilo pro Tag pflücken und kommt so auf einen Verdienst von 2500 RWF, etwa drei Euro. So leben in dieser Region fast alle von der Landwirtschaft. In Kiruhura gibt es keine Fahrzeuge, außer ein paar Motorrädern, eine kleine Quelle versorgt das Dorf mit Frischwasser, das sich von der Erde gelblich färbt, wenn es viel Regnet, es gibt kein Abwassersystem. Für Abwässer und Fäkalien heben die Menschen Gruben neben ihren Häusern aus.
Auch Strom gibt es keinen. Man lebt hier nach dem natürlichen Tagesablauf. Der Tag beginnt bei Sonnenaufgang, bei Sonnenuntergang endet er. Auf dem Dach des Pfarrhauses befindet sich die einzige Stromquelle des Dorfes. Eine Solarzelle. An sonnigen Tagen können die Leute hier für 12 Cent ihr Handy aufladen. Läuft man die Hügel ein Stück hinauf, so hat man Empfang mit dem Handy – Glück für uns, denn so können wir auch über unseren Laptop ins Internet gehen. Auch wenn es uns immer äußerst surreal vorkommt, erst auf einen Hügel durch die absolute Wildnis zu laufen, um dann oben bei herrlichem Panorama und zwitschernden vögeln den Laptop aufzuschlagen…
Hier sind wir nun also noch für die nächsten zwei Wochen. Untergebracht sind wir im Haus des Pfarrers Emanuel (32), der sich Dort gemeinsam mit seiner Frau Jane (30) um die Gemeinde kümmert. Wir wohnen in einem kleinen „Gästezimmer“ in dem ein großes Bett steht und das sich in einem Pfarrhaus angegliedertem Gebäude befindet. Links von uns ist der Geräte- und Vorratsschuppen, noch ein Zimmer weiter ist der Hühnerstall. Rechts gegenüber steht die Küche, in der dreimal am Tag über dem Feuer das Essen zubereitet wird, was eigentlich auch den ganzen Tag in Anspruch nimmt. Daneben folgt dann der Verschlag, in dem die Kuh untergebracht ist (Bilder folgen).
Hier haben wir jetzt die einmalige Gelegenheit für die kommenden Wochen in die Lebenswelt eines afrikanischen Dorfes einzutauchen. Geweckt vom Hahnenschrei, begleitet vom Muhen der Kühe und dem Geruch von Feuer, ins Bett geschickt von der unglaublichen dunklen Dunkelheit. Wer sich jedoch bei der Beschreibung an idyllischen Ferien auf einem oberbayrischen Bauernhof erinnert fühlt, dessen Vorstellung führt in eine falsche Richtung. Bei allem Lobpreis auf die ländliche Idylle, muss man dennoch fairerweise festhalten, dass das Leben hier für einen Europäer doch mit einigen Entbehrungen verknüpft ist. Obwohl wir uns mittlerweile schon an das Waschen von Hand gewöhnt haben, hatten wir jedoch immer den Luxus einer warmen Dusche und Strom. Zumindest in regelmäßigen Abständen. Das ist nun anders. Entgegen etwaigen Vermutungen, dass es in Afrika durchgehen 40 Grad hätte und daher eine kalte Dusche äußerst angenehm wäre, muss man sagen, dass dies hier in diesem ruandischen Bergdorf auf fast 2000 Metern Höhe nicht gilt. Gerade nachts kann es empfindlich kalt werden und auch tagsüber klettern die Temperaturen wegen der Regenzeit nicht über 25 Grad.
Trotzdem sind wir überaus froh hier zu sein und auch diese Seite Afrikas kennen zu lernen. Der Pfarrer und seine Frau nehmen uns sehr herzlich auf und auch die Verständigung klappt auf Englisch ganz gut. Das Essen ist sehr lecker und natürlich, aufgrund des fast vollständigen Verzichts auf den Einsatz von Maschinen oder Kunstdüngern, beste Bioqualität. Vor kurzem wurde extra für uns eines der fünf Hühner des Pfarrers geschlachtet. Ein blutrünstiges Szenario. Gerade einmal eine Stunde verging bis sich das gackernde Huhn im Kochtopf über dem Feuer befand. Traditionell wurde mithilfe einer Machete der Kopf abgetrennt, das noch warme Huhn anschließend gerupft und an Ort und Stelle ausgenommen. Hygiene ist dabei hier natürlich nur eingeschränkt möglich um es milde auszudrücken. Nicht nur beim Schlachten. Die Kuh trinkt aus demselben Topf wie der Reis gekocht wird, Fliegen kreisen über dem Essen. Ab und zu findet man kleine Steine im Essen. Dennoch hatten wir noch nie Probleme mit dem Essen – wenn man alles bei 100 Grad kocht, ist es doch steriler als man denkt.
Abschließend sei nun noch auf unsere Rolle als Weiße hier eingegangen werden. Wie wahrscheinlich bisher zur genüge deutlich wurde, handelt es sich bei Kiruhura um einen Ort, an den sich eher selten ein Fremder verirrt und die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei dann auch noch um einen Weißen handelt, tendiert gegen Null. Zu abgelegen, beinahe abgeschnitten von der Zivilisation liegt das Dorf. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die plötzliche Präsenz zweier Europäer im Dorf ein weltbewegendes Großereignis darstellt. Schon auf der Fahrt dorthin blieben die Kinder und Erwachsenen mit offenen Mündern stehen, weil plötzlich zwei Weiße in dem ohnehin schon seltenen Auto saßen. Kinder folgten uns scharenweise und wollten uns anfassen. Besonders unsere Haare faszinieren, da sie sich von den fast drahtartigen Haaren der Afrikaner sehr unterscheiden. Für viele ist es hier sicherlich das erste Mal, dass sie einem Weißen begegnen. Oft kommen wir uns vor wie Tiere im Zoo. Kinder warten stundenlang vor dem Haus, um uns zu sehen uns kreischen wenn wir winken oder etwas sagen. Es ist echt abgefahren. Besonders Kinder zwischen zwei und vier Jahren sind oft derartig verstört von unserem Anblick, dass sie anfangen zu weinen und vor uns weglaufen. Die allermeisten Reaktionen sind jedoch unglaublich positiv. Kinder rennen von weit her auf uns zu, begrüßen uns freudig und umarmen uns. Beim Besuch der Grundschule waren wir vom plötzlichen Ansturm von fast 1000 Kindern, die uns lärmend „Umuzungu“ rufend entgegen kamen so überwältigt, dass wir Mühe hatten die Tränen zurückzuhalten. Auch unter den Erwachsenen genießen wir großen Respekt. Schüttelt man Hände oder grüßet mit Winken die arbeitenden Frauen und Männern auf den Feldern, so ist die Freude groß. Woher nun diese unglaublich positive Image, der Sympathievorschuss kommt – dem nachzugehen ist sicherlich eine interessante Frage. Vorerst jedoch genießen wir es hier in dieser wunderschönen Natur in Gesellschaft vieler wohlwollender Menschen zu sein.