Archiv für den Autor: Susanne Gampert

Hallo ihr Lieben,

bevor wir nun wieder für zwei Wochen Lutzine besuchen, also aufs Dorf nach Kiruhura gehen, gibts nochmal ein paar neue Bilder von dem Besuch von meiner Mama und meiner Schwester. An dieser Stelle soll nochmal gesagt werden, dass es eine sooooo schöne Zeit mit euch zwei war!!! Also nun könnt ihr nochmal in Erinnerungen schwelgen unter Fotogallerien -> Besuch von Antonia und Marlies

Liebe Grüße ins wunderschöne Allgäu,
eure Susi

Namenskultur

Hier in Ruanda gibt es eine ganz eigene Namenskultur. Anders als in Deutschland, gibt es hier keine Familiennamen. D.h., dass die Kinder nicht den gleichen Namen haben, wie ihre Eltern, auch die Geschwister und sogar die Ehepartner haben unterschiedliche Namen. Man kann also nicht, wie in Deutschland, aufgrund des Nachnamens auf die Verwandschaftsverhältnisse schließen. Normalerweise hat hier jeder zwei Namen, jedoch nicht einen Vor- und einen Nachnamen, sondern einen Namen auf der Landessprache in Keniaruanda und einen Namen in Französisch. Den ersten Namen, den in der Landessprache, erhält das Kind etwa einen Monat nach seiner Geburt. Während in Deutschland ein Kind normalerweise direkt nach der Geburt benannt wird, wartet man in Ruanda bewusst mindestens einen Monat ab, um das Baby erst einmal kennen zu lernen und dann einen Namen geben zu können, der auch wirklich zu dem Kind passt. Den zweiten, französischen Namen erhält man dann mit der Taufe. Da sich die meisten Leute hier erst im jugendlichen Alter taufen lassen, können sie sich diesen auch oft selbst aussuchen. Nicht selten sind dies dann Namen aus der Bibel, wie z.B. Samuel, Hiob, Sara oder Elisabeth. Als wir dann mal genauer nach der Bedeutung der Namen auf Keniaruanda gefragt haben, mussten wir oft herzhaft lachen und hatten auch das Gefühl, dass es manche Eltern mit der Suche nach einem passenden Namen nicht so genau genommen haben. Oft beziehen sich diese Namen nämlich ganz einfach auf die Situation, in der das Kind geboren wurde. So heißen hier viele Leute „Safari“ also „Reise“, was sich jedoch nicht darauf bezieht, dass das Kind auf einer Reise geboren wurde, sondern, dass zu dem Zeitpunkt der Geburt der Vater auf Reisen, also nicht zuhause war. Ein Freund von uns heißt „Buhake“, zu Deutsch „Feudalsystem“, auch in Deutschland eher ein unüblicher Name. Der Name des Pfarrers in Kiruhura, bezieht sich auf ein eher schwieriges Nachbarschaftsverhältnis: Da seine Eltern wohl mit den Nachbarn im Clinch lagen und seine Geburt in diese Zeit fiel, haben sie ihn „Muhozi“ genannt, was übersetzt so viel heißt wie: „Die böse Waffe gegen die Feinde“. Anscheinend hielt der Nachbarschaftsstreit jedoch länger an: Sein kleiner Bruder heißt nämlich übesetzt: „Die übertrieben böse Waffe gegen die Feinde“. Manchmal stellt sich jemand vor als „der Neunte“, also war er wohl das neunte Kind. Auch sind Namen wie „Regen“, „Donner“ oder „Auto“ nicht unüblich, welche sich auf das Wetter der Geburtsstunde oder den Geburtsort beziehen. Einige Eltern machen aus ihrer Einfallslosigkeit gar keinen Hehl und nannten ihr Kind einfach „Simbisi“, zu Deutsch „Ich weiß nicht“. Bitter ist es, wenn man „Schade“ heisst, da müssen die Eltern später wohl noch einiges erklären. Grundsätzlich ist es oft so, dass sich bestimmte Namen in einer bestimmten Altersgruppe sehr häufen. So ist es uns passiert, dass, als wir die Namen von einer Gruppe Jungs in CPAJ wissen wollten, sich ein Junge gemeldet hat und gesagt hat: „Ich heiße Jean Piere, alle anderen heißen Jean Claude!“ Hier gibt es übrigens noch eine Besonderheit: Es ist total unüblich, dass sich Eheleute gegenseitig mit Namen anreden. So sagt die Frau zu ihrem Mann z.B. „Pastor“, also benutzt einfach die Berufsbezeichnung. Der Mann nennt seine Frau einfach nach dem erstgeborenen Kind, also z.B. „Mama Sam“. Diese Benennungen gehen so in den allgemeinen Sprachgebrauch über, dass sogar wir die Frauen immer mit „Mama …“ anreden und deshalb oft ihren richtigen Namen gar nicht wissen. Auch werden alte Frauen einfach Umukekuru genannt, übersetzt: „alte Frau“, was hier jedoch eine respektvolle Anrede für Frauen ist, die das gebärfähige Alter überschritten haben. Die Steigerung davon ist dann „Kaka“, zu Deutsch „sehr alte Frau“ für diejenigen, für die die Bezeichnung „alte Frau“ eine glatte Untertreibung wäre.

Das Hausmädchen

Sie ist morgens die Erste, die aufsteht, abends die Letzte, die ins Bett geht. Sie hat keinen Urlaub, keinen freien Tag, kein Feierabend. Ein normaler Tag aus dem Leben eines Hausmädchens:
5:00 Uhr Aufstehen
5:10 Uhr Feuer anschüren
5:20 Uhr Wasser aufsetzen
5:30 Uhr heißes Wasser zum Duschen für die „Hauseltern“ bereitstellen
5:35 Uhr mit dem restlichen heißen Wasser Tee kochen
5:45 Uhr Frühstück richten
6:00 – 8:00 Uhr Geschirr vom Vortag abspülen/aufräumen
8:00 – 9:00 Uhr Boden wischen
9:00 Uhr beginnen mit dem Mittagessen, d.h. – Kartoffeln/Süßkartoffeln schälen und   kochen – Aus dem Reis die Steine aussortieren und kochen – Bohnen, Erbsen, Soße kochen Das klingt zwar nicht so viel, dauert aber wirklich immer 3-4 Stunden bis es fertig ist! 14:00 Uhr Essen
15:00 Uhr abspülen
16:00 Uhr beginnen mit dem Abendessen
20:00 Uhr Essen
21:00 Uhr Abräumen und draußen aufräumen
22:00 Uhr schlafen
In den „Zwischenzeiten“ auch noch Wäsche waschen, natürlich von Hand! Hier hat fast jede Familie ein Hausmädchen, da man das alles auch alleine nicht bewerkstelligen kann. So hilft die „Hausmutter“ in der Regel auch mit, der Mann macht natürlich nichts! Zu Beginn war diese Sache mit dem Hausmädchen für uns sehr befremdlich, wir haben uns einfach unwohl gefühlt, uns so bedienen zu lassen. Die Hausmädchen schlafen in einem Raum neben der Küche, oder haben wenn es gut läuft ein kleines Zimmer im Haus. Sie essen alleine draußen in der Küche, oder, was für uns noch ein blöderes Gefühl war, sie warten, bis wir am Tisch fertig gegessen haben und essen dann von unseren gebrauchen Tellern das, was noch übrig ist. Und für das alles, bekommt ein Hausmädchen, je nach Kochkunst, umgerechnet 8 bis 10 € im Monat, auf dem Land auch mal nur 6€! Es hat lange gedauert, bis wir diesen Teil der ruandischen Kultur akzeptieren konnten. Und trotz dieser harten Bedingungen, haben wir bis jetzt immer nur äußerst fröhliche, offene und vergnügte Hausmädchen kennen gelernt. Meist gehen sie laut singend, auch gerne mal tanzend und gut gelaunt ihrer Arbeit nach. Die Institution des Hausmädchens hat zudem auch eine wichtige soziale Komponente hier: Oftmals sind die Hausmädchen Waisen, oder auch behinderte (z.B. taube) Mädchen, die so in Familien aufgenommen werden und dort Arbeit, Essen und einen Schlafplatz haben. Viele Familien versuchen auch dem Hausmädchen den Zugang zu den weiterführenden Schulen zu ermöglichen, indem sie die Schulgebühren für es bezahlen. Meist ist es so geregelt, dass das Mädchen erst ein Jahr in der Familie arbeitet und dann zur Schule gehen darf. Beides zur gleichen Zeit ist nicht möglich! Um ein Hausmädchen zu finden, wendet man sich oft an Bekannte oder Familien in der Nachbarschaft, die Töchter im Alter von fünfzehn bis siebzehn Jahren haben. Dann geht man zu den Eltern und fragt um Erlaubnis, ob die Tochter in seinem Haus als Hausmädchen arbeiten darf. Willigen die Eltern und die Tochter ein, so zieht das Mädchen zu der Familie, für die sie in Zukunft arbeitet. In der Regel bleibt es dort auch so lange, bis es Heiratet, eine eigene Familie gründet und wenn es gut läuft, dann auch selbst ein Hausmädchen hat. Aufgrund dessen, dass wir hier nur in Pfarrfamilien untergebracht waren, sahen wir vor allem die positiven Seiten, dennoch lässt sich nicht abstreiten, dass das Hausmädchen in völliger Abhängigkeit der Familie lebt und diese Abhängigkeit eben auch missbraucht werden kann. Auch wenn wir in den letzten 4 Monaten zur genüge die Vorzüge und Bequemlichkeiten, die ein solches Hausmädchen mit sich bringt, genießen durften, ist es uns nach wie vor lieber, doch selbst den Spüllappen in die Hand zu nehmen.

Spendenaufruf zum Kuhkauf

Die Gemeinden hier finanzieren sich selbst, da es kein Kirchensteuersystem gibt. Die einzige Einnahmequelle sind Spenden. Da die Gemeinde hier jedoch sehr arm ist, können an einem Sonntag gerade mal 5 € Kollekte gesammelt werden, obwohl etwa 150 Leute im Gottesdienst sind. Jedoch sind die Bedürfnisse, die gedeckt werden müssen aufgrund der Armut groß.
Viele Projekte (hauptsächlich im Bereich der Landwirtschaft, wie Tierzucht etc.) gehen dem Pfarrer hier im Kopf herum, die die finanzielle Situation der Gemeinde verbessern sollen. Jedoch fehlt es an allen Ecken und Enden an Geld. Daher haben wir uns dazu entschlossen, der Gemeinde hier eine Kuh zu spenden. Durch den Milchverkauf könnte die Gemeinde monatlich etwa 60 € einnehmen und damit andere Projekte zur Verbesserung ihrer Situation verwirklichen. 60 €, das klingt nicht viel für uns, jedoch kann man hier für 60 € schon sehr viel machen. Vor allem ist uns dabei wichtig, dass diese Kuh und die mit ihr verbundenen Einnahmen einen Grundstein für andere Projekte legen kann. Es muss nicht von heute auf morgen viel verändert werden, jedoch kann damit langsam und Schritt für Schritt ein Ausweg aus der Armut gefunden werden, die immer noch den Alltag von zu vielen Familien bestimmt.

Eine solche Kuh kostet umgerechnet etwa 650 €. 400 € haben wir schon zusammen, von den Spenden, die wir vor unserer Abreise gesammelt haben und von unserem eigenen Geld. Nun würden wir uns sehr freuen, wenn sich 25 Leute finden würden, die mit einer Spende von jeweils 10 € die Finanzierung der Kuh ermöglichen würden.

Wer sich beteiligen möchte, kann sich bitte im Gästebuch mit einem Satz wie: „Kuhkauf – ich bin dabei“ oder so ähnlich eintragen, sodass wir ihm anschließend unsere Kontodaten zuschicken können. Wer nicht namentlich erscheinen möchte, kann uns auch direkt kontaktieren, unter unserer E-Mail Adresse  oder unter: julian@ruandablog.com

Vielen Dank!

Der Dorfpfarrer

Genauso wie so ziemlich alles, unterscheidet sich auch die Rolle des Dorfpfarrers hier wesentlich von der Rolle eines Pfarrers in Deutschland. Da wir ja beide bisher reichlich Gelegenheit hatten den Alltag eines deutschen Pfarrhauses mitzuerleben, haben wir nun seit drei Wochen den direkten Vergleich. Zunächst einmal zu seiner Rolle im Dorf: In Kirohura, und ich denke die Situation hier entspricht den übrigen Dörfern in Ruanda, ist der Pfarrer der Einzige, der ein Studium absolviert hat und einer der Wenigen, der nicht ausschließlich von der Landwirtschaft lebt. Zudem hat er einen Führerschein und sein Motorrad ist das einzige motorisierte Fahrzeug weit und breit. Außerdem hat er seit einem Jahr eine Solarzelle auf seinem Dach und verfügt somit über die einzige Stromquelle des Dorfes. Diese ganzen Sachen und Eigenschaften, die ihn von den übrigen Dorfbewohnern unterscheiden, machen ihn nicht nur zu einem bewundernswerten Allround Pfarrer, sondern bringen auch viele Verpflichtungen und Aufgaben mit sich. Neben den Kernaufgaben eines Pfarrers (Gottesdienste, Kasualien, Seelsorge), die hier wie bei uns dieselben sind, ist der Pfarrer hier für viele Aufgaben zuständig, die in Deutschland ganz sicher nicht zum Aufgabenfeld eines Pfarrers zählen. So muss er oft Konflikte zwischen Dorfbewohnern oder Familienmitgliedern schlichten, da er aufgrund seines Bildungsgrades und seiner Neutralität von den Bewohnern als besonders klug und gerecht geschätzt wird. Da hier die nächste Polizeistation oder das nächste Gericht sehr weit weg ist, übernimmt der Pfarrer in vielen Fällen die Funktion solcher Einrichtungen mit. Sei es, dass in der Schule ein Lehrer ein Kind geschlagen hat, der Nachbar nach einem Sorghumbier (tratitionelles Bier) zuviel die ganze Nacht laut grölt oder ein Arbeitgeber seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach kommt – immer ist der Pfarrer die erste Anspruchsperson. Auch sein Motorrad, das er benötigt um die Menschen, die hier so verstreut über die Hügel verteilt wohnen, zu besuchen, bringt einige Pflichten mit sich. So muss er auch mal als Taxi herhalten, wenn ein erkrankter Dorfbewohner zum Arzt oder ins Krankenhaus gebracht werden muss. Da es in Ruanda kein Sozialhilfesystem gibt, suchen Bedürftige und Familien, denen es am Nötigsten fehlt ebenfalls das Pfarrhaus auf. Um all diesen Ansprüchen gerecht werden zu können, braucht der Pfarrer nicht nur viel Zeit und Geduld, sondern vor allem ein offenes Ohr und damit auch einen offene Tür. Wie oft kam es nun schon in den drei Wochen vor, dass schon morgens um acht, als wir frühstücken wollten, jemand im Wohnzimmer saß und den Pfarrer seine Probleme erzählt hat. All diese Leute, die zu jeder Tageszeit an die Tür kommen, bekommen etwas zu Trinken und/oder zu Essen. Ob es nun ein Kilo Zucker ist, ein Kilo Reis oder ein eine warme Mahlzeit, es vergeht kein Tag hier, an dem Emanuel nichts abgibt. Obwohl er all diese Sachen aus eigener Tasche bezahlen muss, sei es Benzin für die Besuche (so etwas wie Dienstfahrten oder ein Fahrtenbuch gibt es hier nicht), oder Benzin für den Generator, um Sonntags für den Gottesdienst das Keyboard zu betreiben wenn nicht genug Sonne für die Solarzelle da war, haben wir das Gefühl, dass er immer gerne gibt. Doch von einem Pfarrgehalt hier, kann er das nicht alles bestreiten. Daher ist er nebenbei auch noch Landwirt, hat ein paar Felder und eine Kuh, um seinen Verdienst etwas aufzubessern und die Kosten decken zu können. Je mehr wir in den Arbeitsalltag von Emanuel Einblick bekommen, umso erstaunlicher finden wir es, mit welchem Engagement und Hoffnung er sich für die Situation seiner sehr armen Gemeinde einsetzt. Und umso dankbarer sind wir, dass er trotz allem auch noch Besucher aufgenommen hat.

Andere Länder, andere Sitten

In den nun schon fast drei Monaten, in denen wir hier in Ruanda sind, sind uns einige Sachen, passend zu diesem Sprichwort aufgefallen. Eine komische Sache ist, wie wir auch schon in dem Artikel zur Genozidgedenkwoche geschrieben haben, dieser Genozidsong, der hier immer noch überhall gespielt wirt und nach aller Kunst auch gerne fröhlich mitgesungen, mitgesummt oder mitgepfiffen wird. Obwohl das jetzt schon eine ganze Weile so ist, ist es für uns immer noch sehr komisch, so wie wenn alle in Deutschland zu einem Lied über den Holocaust tanzen würden! Eine andere Sache ist das Telefonieren: Während es bei uns als unhöflich gilt z.B. während des Essens ans Handy zu gehen, wird hier immer und überall telefoniert. Beim Essen, während einer Unterhaltung, sogar in der Kirche oder bei Gedenkveranstaltungen klingelt mal das Handy. Vibrationsalarm hält hier jeder für überflüssig! Am komischsten war eine Frau, die sich beim Friseur während des Haarewaschens von jemand anderem ihr Handy mit Lautsprecherfunktion vor den Mund hat halten lassen… Außerdem ist es hier überhaupt kein Problem immer und überall laut zu rülpsen. In der Schule während des Unterrichts ist das völlig normal, oder auch während des Essens, da gilt es sogar als Kompliment für die Köchin wenn man lauthals rülpst! Ganz anders als in Deutschland kann man hier in Ruanda niemanden sehen, der auf der Straße isst! Auch wenn man etwas zu Essen eingekauft hat, muss man es in eine Papiertüte (Plastiktüten sind hier verboten) packen. Dadurch wollen die Leute auf die Menschen Rücksicht nehmen, die sich so etwas nicht leisten können. Aber das befremdlichste ist wohl das, dass man hier auf der Straße eigentlich nie einen Mann mit einer Frau Hand in Hand gehen sieht. Es ist dagegen völlig normal, wenn zwei Männer oder zwei Frauen Hand in Hand gehen. Man muss sich also nicht wundern, wenn ein dich ein Bekannter auf der Straße an der Hand führt. Paradoxerweise ist jedoch Homosexualität hier nicht akzeptiert! Für unsere Begriffe fehlt vielen Leuten hier so etwas wie eine höfliche Distanz. So passiert es oft, dass jemand beim SMS schreiben mitliest, oder sich im Internetcafé hinter dich stellt und einfach mal zuschaut, was du so machst. Auch ist es kein Problem dir deinen Fotos aus der Hand zu nehmen und durchzuschauen. Direkte Frage von Fremden kurz nach der Begrüßung wie: -„Ist das deinen Schwester?“ -„Nein, wir sind verlobt!“ -„Ladet ihr mich ein zur Hochzeit?“ sind hier keine Seltenheit. Bei all diesen Dingen muss man aber auch dazusagen, dass es auf uns zwar manchmal unhöflich wirken mag, für die Leute hier aber überhaupt kein Problem darstellt, sondern eher die freuendliche Anteilnahme an deinem Leben! Ein anderes Beispiel dafür, wie unterschiedlich unsere Kulturen sind, zeigt sich bei Krankheitsfällen. Wenn du hier krank bist, dann kommen sämtliche Nachbarn, Freunde und die Familie und belagern dich regelrecht solange, bis du wieder gesund bist! Das kann für alle ganz lustig werden – außer für dich  Willst du also, so wie in Deutschland eher deine Ruhe, wenns dir nicht so gut geht, solltest du keinem sagen, dass du krank bist! Ansonsten hier noch ein paar lustige Kleinigkeiten: Männer können hier keine kurzen Hosen tragen, oder mit überkreuzten Beiden da sitzen, da sie sonst erheblich an Respekt verlieren. Als Frau darf man nicht Pfeifen, da das hier als sehr anzüglich gilt. Einem Gast darf man niemals Wasser anbieten, das wäre eine Beleidigung, da hier Wasser benutzt wird, um Macheten zu schärfen. Lustigerweise ist es hier ein Kompliment, wenn man sagt: „Du wirst mal sehr fett werden!“ Oder: „Du hast wirklich einen dicken Hintern, toll!“ 

Raus aus der Hauptstadt

Wir sind nun seit einer Woche in Byumba, einer kleineren Stadt etwa 70 Km nördlich von Kigali. Hier können wir bei Pascal, dem Pfarrer über den wir unseren Aufenthalt in Ruanda organisiert haben, wohnen. Obwohl es nicht fern ist von der Hauptstadt, ist es doch die Landschaft ganz anders. Da Byumba recht hoch liegt, etwa 2500 Meter, ist es hier um einiges kühler als in Kigali und wir geniessen die gute Luft nach über zwei Monaten verpesteter Großstadtluft. Auch ist es schön für uns mal wieder an einem Familienleben teilhaben zu können und damit auch einen tieferen Einblick in den Alltag der Leute zu bekommen. Pascals ältester Sohn, 13, ist in einem Internat in Butare (Südprovinz) und kommt nur in den Ferien nach Hause. Die beiden Töchter, Elisabeth (8 Jahre alt) und Ineza (5 Jahre alt) gehen hier in Byumba in die Grundschule. Beide sind sehr schüchtern, aber wir versuchen sie mit Mensch-ärgere-dich-nicht und Vier-gewinnt spielen aus der Reserve zu locken. Da wir ab morgen nochmal 50 Km weiter nördlich von Byumba, nach Kihurura, aufs Land gehen und wir nicht wissen wie und ob dort Internet zu haben ist, kann es sein, dass die Aktualisierungen auf dem Blog in Form von Bildern und Berichten etwas auf sich warten lassen…
Soviel wir wissen, werden wir dort einen Pfarrer begleiten und so seine Aufgaben auf dem Land kennen lernen. Genauere Berichte folgen!

Die Sache mit dem „l“ und dem „r“

Eine komische Sache in der Landessprache hier ist, dass die Buchstaben L und R beliebig austauschbar sind. Also wird zum Beispiel das Wort fuer die Zahl zwei zwar „cabili“ geschrieben, aber „cabiri“ ausgesprochen. Dafuer gibt es noch unzaehlige andere Beispiele. Das waer auch weiter kein Problem, aber die Sache ist die, dass die Leute das hier im Englischen genauso machen. Da wird eben „road“ zu „load“, „red“ zu „led“ usw. Fuehrt dann manchmal zu Verstaendigungsproblemen. So kam neulich ein Kind aus CPAJ zum July und fragte: „Can you play with me?“ Wir haben uns schon gewundert, weil wir ja den ganzen Tag schon mit den Kindern spielten. Erst spaeter ist uns eingefallen, dass der Junge vielleicht auch „pray“ gemeint haben koennte. Bis jetzt wissen wir nicht, ob er nun spielen oder beten wollte…
Lachen mussten wir auch neulich, als wir ein Schild sahen mit der Aufschrift: „House for lent“ 🙂

Ein normaler Tag

An einem normalen Tag, also von Montag bis Freitag, stehen wir zwischen 7 und 8 Uhr auf, danach fruehstuecken wir mit Kaffee, Brot mit Honig und Fruechten (Mango, Maracuja) in unserem Zimmer auf dem Boden (siehe Bilder bei: Essen). Dann machen wir uns auf den Weg zu CPAJ, meistens dauert das auch fast eine Stunde. Wir laufen etwa 10 Minuten zur „Bushaltestelle“ nehmen ein Bus Richtung Rimera, muessen dann in Sonatube umsteigen und einen anderen Bus Richtung Kicuciru nehmen. Von dort aus laufen wir auch nochmal gute 10 Minuten bis zu CPAJ. Wir fangen dort gegen 10 Uhr an und unterrichten von 10-12 Uhr Englisch. Danach bekommen die Kinder essen (gegen 13 Uhr), immer Kasava (Kasava ist eine Art Mehl, die mit Wasser zu einem festen Brei gekocht wird) mit Bohnen. Wir essen gegen 13:30 oder 14 Uhr Reis mit Chips und einer undefinierbaren Gemuesesosse. Gegen 14:30 Uhr fangen wir dann mit den Spielen an, je nach Spiel hoeren wir dann zwischen 16 und 17 Uhr auf und gehen. (Zur Zeit sind Ferien, das heisst der Englischunterricht faellt weg, dafuer spielen wir vormittags und nachmittags mit den Kindern.) Bevor wir den Bus Richtung Stadt nehmen, gehen wir auf dem Kicuciru-Markt einkaufen. Tomaten, Gurken, Avocado, Mango und Maracuja, manchmal Kamaramasenge (das sind die kleinen Bananen, von denen ich immer gedacht habe, dass sie genmanipuliert sind, aber die wachsen hier echt so ;-))
Wenn wir Mittags in CPAJ gegessen haben, essen wir abends wieder in unserem Zimmer Brot mit Avocado und Tomaten. Wenn wir noch kein warmes Essen hatten, essen wir in Isano gegen 19 Uhr (Bilder im Fotoalbum Essen).
Manchmal gehen wir auch in eine Bar und essen dort Bruchette (eine kostet etwa 500 RWF, also 65 Cent) und trinken Bier. Ansonsten vertreiben wir uns die Zeit viel mit lesen oder Kartenspielen… Ueber die Wochenendgestaltung gibt es mal noch einen anderen Bericht…

Das Leben als „Umuzungu“

Das Leben hier in Ruanda ist eigentlich nicht teuer. Gemuese und Obst auf dem Markt sind billig, genauso die oeffentlichen Verkehrsmittel und Kleidung. So kann man ein Kilo Tomaten fuer 500 RWF, etwa 70 Cent kaufen, einen Rock fuer 5000 RWF, also gute 6 Euro. Anders sieht es allerdings aus, wenn man als „Umuzungu“ (Weisser) einkaufen geht. Da kostet das Kilo Tomaten dann halt mal 5000 RWF (etwa 6 Euro) und fuer ein Rock verlangen sie 15000 RWF (knappe 20 Euro). Als sich der July Anzugschuhe kaufen wollte, verlangten die Verkaeufer 60000 RWF (75 Euro). Wir haben das alles zum Glueck nicht gekauft, weil wir anfangs immer mit Freunden einkaufen waren, die fuer uns gehandelt haben. Jetzt wissen wir auch, was die Sachen normal kosten und lassen uns nicht uebers Ohr hauen. Die Anzugschuhe haben wir letztendlich auch fuer 12000 RWF (15 Euro) bekommen. Das handeln gehoert hier fest zur Kultur. So kann man sicher davon ausgehen, dass der erste Preis, den man genannt kriegt, immer zu hoch ist. Anfangs war es ziemlich ungewohnt fuer uns, aber inzwischen macht es echt Spass ein bisschen zu handeln, vor allem wenn man dann Erfolg hat und einen guten Preis ausgehandelt hat!

„Umuzungu“ war auch das erste Wort, dass wir in der Landessprache gekonnt haben, da dir nahezu jeder, an dem man vorbeigeht, ein verwundertes „Umuzungu“ nach ruft. Besonders die Kinder rufen es regelrecht aus, um ihre Freunde herbeizuholen, damit auch sie die komischen Leute mit der weissen Haut anschauen koennen. Oft wollen sie uns auch die Hand geben, um zu testen, ob wir uns vielleicht auch so seltsam anfuehlen wie wir aussehen… 😉