Am 27.02.2018 wurde durch die zuständige Sektorverwaltung die Gründung und der laufende Betrieb der Kooperative „DBFA-Igikorwa c`amahoro“ bestätigt. Die Kooperative übernimmt ab jetzt die Finanzierung neuer Ausbildungsstipendien und die rechtliche Gewährleistung des Generationensozialvertrages.
Archiv für den Autor: Julian Zeyher
Januar 2018: Zwei neue Stipendiaten/innen von Ehemaligen finanziert
Erstmals in der Geschichte der DBFA werden die Neuaufnahmen im Jahr 2018 ausschließlich aus Mitteln ehemaliger Stipendiatinnen und Stipendiaten finanziert. Innocent Mugisha (M, 16 Jahre ) und Jeanne Umuhoza (W, 18 Jahre) sind damit die ersten beiden Stipendiaten der DBFA, die ihre Ausbildung ohne deutsche Förderung absolvieren werden. Die Spendengelder aus Deutschland werden fortan nur noch zur Finanzierung der bis 2017 aufgenommenen StipendiatInnen eingesetzt. Damit ist ein wesentlicher Schritt hin zur Selbständigkeit des Mikroprojektes getan.
Januar 2017: Erster Stipendiat aus Mitteln ehemaliger StipendiatInnen finanziert
Im Januar 2017 wurden insgesamt 3 neue StipendiatInnen in das Förderungsprogramm aufgenommen. Ein Stipendiat, der 19-jährige Silvestre Habimana, ist der erste Stipendiat, dessen Stipendium aus den Mitteln ehemaliger Stipendiaten gefördert wird. Zwei Stipendiaten werden noch mithilfe von Spendengeldern aus Deutschland finanziert. Das Jahr 2017 war das letzte Jahr, in dem Neuaufnahmen von deutscher Seite aus gefördert wurden, ab dem Jahr 2018 sollen diese ausschließlich aus Mitteln der Ehemaligen-Kooperative DBFA-Igikorwa cy’Amahoro finanziert werden. Die Spendengelder aus Deutschland fließen ab 2018 nur noch in die laufenden 19 (!) Ausbildungspatenschaften, um diese erfolgreich zum Abschluss zu bringen. In dieser Projektphase sind die jährlichen Ausbildungskosten, aufgrund der hohen Anzahl der laufenden Patenschaften, sehr hoch, weshalb die DBFA noch bis etwa 2020 auf Ihre Spendengelder angewiesen ist.
Besuch der Projektleitung in Ruanda im Februar 2016
Im Rahmen einer Tätigkeit an der Universität Bochum reiste Julian Zeyher im Februar zu einer internationalen Konferenz zum Thema „African theologies and the impact of reformation“ vom 18.-23. Februar 2016 nach Ruanda. In diesem Zusammenhang kam es zu einem Planungstreffen mit der Projektleitung in Ruanda hinsichtlich der Realisierung der nun bevorstehenden Projektphase. Im Laufe des Jahres 2016 soll die Gründung der Kooperative vollzogen sein, die den Fortbestand des Projekts unabhängig von deutschen Fördergeldern ab 2018 sichern soll. Die dafür erforderliche Satzung wurde unter Hinzuziehung eines ruandischen Rechtsanwaltes gemäß den dortigen behördlichen Vorgaben erarbeitet und wird nun in die drei Landessprachen (Kinyarwanda, Englisch, Französisch) übersetzt.
Neben diesem Planungstreffen traf Julian Zeyher auch einen ehemaligen Stipendiaten der DBFA, der mittlerweile in einem Hotel am Kivu-See einen Arbeitsplatz gefunden hat.
Projektleiter der DBFA in Ruanda Pfarrer Dr. Pascal Bataringaya wurde am 29.3.2015 zum Bischof der Presbyterianischen Kirche Ruandas eingesetzt
Der Projektleiter der DBFA in Ruanda Pfarrer Dr. Pascal Bataringaya wurde am 29.3.2015 zum Bischof der Presbyterianischen Kirche Ruandas eingesetzt. Auch der derzeitige EKD Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm wirkte an dessen Amtseinführung in Kigali mit. Einige Bilder dieses großen Ereignisses finden Sie hier:
Die „Dietrich Bonhoeffer Friedensarbeit – Ausbildungsförderung“
Hier findet Ihr das Ergebnis der Ausarbeitung eines eigenen Projektes im Bereich Ausbildungsförderung für bedürftige ruandische Jugendliche. Die Konzeption findet Ihr unter
http://www.ruandablog.com/die-dietrich-bonhoeffer-friedensarbeit-ausbildungsforderung/
oder direkt oben unter Unterstützen/Projekte/Die Dietrich Bonhoeffer Friedensarbeit – Ausbildungsförderung
Wenn Ihr Interesse habt meldet Euch bei uns!
Außerdem sind wir dankbar um Eure Rueckmeldungen, Meinungen oder Verbesserungsvorschlaege. Wer uns bei der Projektarbeit unterstuetzen will kann sich ebenfalls gerne melden. Wir suchen ein kompetentes und kreatives Team und Leute, die gut vernetzt sind und sich engagieren wollen.
Wirtschaft
Zu den vielen Dingen auf die wir während unseres Freiwilligendienstes einen veränderten Blickwinkel entwickeln konnten, gehört auch die Beurteilung der Wirtschaft eines Landes. Gerade als Theologe nimmt man ja gerne für sich eine kritische Position gegenüber der Wirtschaft in Anspruch, die wir uns auch grundsätzlich weiterhin erhalten möchten. Dennoch, sollte man nie vergessen, dass man sich eine distanziert-kritische Sicht auf den Kapitalismus und die Wirtschaft erst einmal leisten können muss. Privilegiert durch Kirchensteuer und Beamtenstatus vergisst man nämlich schnell, wie schwer es sein kann an Geld zu kommen und welcher Existenzkampf dahinter steht. In Ruanda konnten wir nämlich gerade im kirchlichen Bereich beobachten, wie hart der Überlebenskampf und wie groß die Sorge um die monatlichen Gehälter oft war. Es war daher nicht verwunderlich, dass „Geld“ oft das Hauptthema war mit dem sich die Gemeinden auseinandersetzten. Der einzige Ausweg waren dabei dann oft innovative Projekte, die die finanzielle Situation der Gemeinde verbessern sollten. Kaninchenzucht, Teestube, Landwirtschaft – Kapitalismus in seiner ursprünglichsten Form. Diese Erfahrung führte uns zu der Erkenntnis, dass ein Streben nach Verbesserung der materiellen Situation eigentlich absolut natürlich und normal ist. Fehlt dieser Impuls, so ist man vollkommen auf die Hilfe Dritter angewiesen und die gibt es hier (materiell betrachtet) einfach nicht oder nicht mehr (die Entwicklungshilfegelder zumindest für die EPR wurden in den letzten Jahren stark zurückgefahren). Reichtum und Theologie stehen also keinesfalls in einem natürlichen Widerspruch. Im Gegenteil, im hiesigen Kontext muss ein Pfarrer sogar reich sein, um beispielsweise seinen fürsorglichen Aufgaben gerecht werden zu können. Bevor man also allzu lautstark und vor allem fundamental gegen die Wirtschaft wettert, oder – wie in unserem Fall – sich erstmal enttäuscht beklagt es ginge in den Kirchengemeinden immer nur ums Geld, sollte man sich bewusst machen, wo das Geld denn herkommt. Und es sind schlicht die Betriebe und Fabriken, die den Menschen Arbeit und damit die Möglichkeit Steuern zu bezahlen, ermöglichen.
Was wir im Kleinen in den Kirchengemeinden hautnah erleben konnten, spiegelt sich ebenso
in der wirtschaftlichen Situation des ganzen Landes wieder. Wie sehr ein Land auf eine funktionierende Wirtschaft angewiesen ist, fiel uns in Deutschland nie so sehr auf wie hier. In Deutschland hat man oft das Gefühl, wenn es irgendwo brennt, dauert es ewig bis einen etwas davon persönlich erreicht oder betrifft. In Ruanda sind die Verbindungen weniger weitläufig und auch die Alternativen (z.B. gibt es im Logistikbereich nur den Straßenverkehr, keine Bahn und keine Schiffe) fehlen. Wenn ein Sektor zusammenbricht kann das fatale Folgen für alle nach sich ziehen.
Unablässig vergrößert die ruandische Regierung das Straßennetz, um für Investoren attraktiver zu werden. Ohne Straßen könnten nicht einmal die Tanklaster nach Ruanda fahren, die Folge wäre ein Zusammenbruch des Transport- und Logistiksektors. Tausende könnten nicht mehr zu Arbeit fahren – ein Zusammenbruch zahlreicher Betriebe wäre die Konsequenz. Das gleiche Szenario würde Ruanda ebenfalls bevorstehen, wenn sich die Benzinpreise plötzlich um ein vielfaches verteuern würden. Wir vermuten daher, dass die Politik bei den Benzinpreisen für Stabilität sorgt (der Preis für Diesel blieb mehr oder weniger 6 Monate lang gleich).
Da Ruanda noch ein Agrarstaat ist (90% der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft, viele sind davon Selbstversorger), muss Technologie und Industrie teuer importiert werden, oder – falls die steigende Nachfrage im Land nicht bedient werden kann – wandern gerade diejenigen, die das Land innovativ voranbringen könnten ins Ausland ab. Baustoffe, wie Metall, Beton oder Glas sind immer noch nahezu unbezahlbar. Ebenfalls technische Geräte: Eine Motorsäge (Stihl) kostet 1500 Euro, ein Rasierapparat (Philipps) 150 Euro. Man beachte: ein durchschnittlicher Arbeiter verdient hier ca. 3 Euro am Tag. Die übermäßig hohen Kosten für die Technik hemmen auch die Entstehung von Betrieben wie beispielsweise Sägewerken oder nahrungs- und, milchverarbeitender Industrien. Obwohl Nachfrage und Arbeitskräfte da sind ist sind die Kosten in die wirtschaftliche Selbständigkeit noch viel zu hoch. Und so bezahlt man für ein Päckchen Cornflakes weiterhin 10 Euro. Die ruandischen Firmen, die hierzulande maschinell produzieren kann man an zwei Händen abzählen.
Lässt sich auf diverse Güter partout nicht verzichten, läuft die Produktion oft völlig unwirtschaftlich und veraltet ab. Das gilt in erster Linie zum Beispiel für ganz elementare Dinge wie Strom. 50% des Stroms werden in Ruanda mithilfe von Dieselgeneratoren (!) gewonnen. Die einziger Steigerung wäre noch die Generatoren mit Euronoten zu heizen – von den klimatischen Folgen ganz zu schweigen.
Erst hier wurde uns bewusst, was es eigentlich für ein Vorteil ist, dass in Deutschland nahezu ALLES im Land produziert werden kann (außer vielleicht Bananen).
Die Wirtschaft ist das Rückrat eines Industriestaates – an diesem Satz ist wirklich etwas dran. Krankt die Wirtschaft, so fällt das Land zwangsläufig in agrarstaatliche Strukturen zurück.
All diese allgemeinen Fakten waren uns natürlich nicht neu, allerdings konnten wir deren Bedeutung hier deutlicher spüren. Was hängt wie zusammen – was hängt wo alles dran. Auch gerade im Hinblick auf die weltweite Finanzkrise war dies eine lehrreiche Erfahrung für uns, die uns die Zusammenhänge nun etwas klarer und vor allem realistischer beurteilen lässt.
Dennoch kann man in Deutschland und in anderen Industriestaaten wiederum sehr gut beobachten, wie sich die wirtschaftliche Dynamik immer zügelloser zu verselbständigen scheint. Beispiele gibt es genug (ich verweise auf Jean Zieglers „Imperium der Schande“, unter Buchtipps/Literaturhinweise). Erst vor kurzem fiel mir ein schockierender Bericht auf tagesschau.de zum Thema Lebensmittelverschwendung in Deutschland auf. Tonnenweise Lebensmittel werden in Deutschland täglich weggeschmissen, um unter anderem die Nachfrage stabil zu halten. Diese, aus meiner Sicht, pervertierte Form des Kapitalismus, die sich nur noch an Zahlen und Nullen orientiert und die Verbesserung der Lebenssituation vollkommen aus den Augen zu verlieren scheint, muss scharf verurteilt werden. Natürlich kann man einwenden, dass die „Verbesserung der Lebenssituation“ Ansichts- und vor allem Typsache sei, doch genauso wie es unredlich wäre das System des Kapitalismus als solches, an eben diesen Extremen gemessen, komplett in Frage zu stellen, wäre es falsch eben diese Perversionen als normal oder systemspezifisch zu legalisieren.
Zunächst dient es dem Menschen und hat daher auch ihre Berechtigung, eben daran also –ob es dem Menschen denn wirklich dient- sollte man es auch messen.
Unbedingt dazu lesen: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/lebensmittel132.html
Für alle Naturfreunde gibt es jetzt die schönsten Fotos aus Ruandas Tier- und Pflanzenwelt! Viel Spass unter Fotoalbum „Best of Tiere und Pflanzen“…
News von der Kuh
Vom 1. bis zum 20. Juli hatten wir Besuch aus Deutschland. Susis Mutter und Schwester waren bei uns in Ruanda und wir konnten Ihnen knappe drei Wochen lang das Land und die Projekte zeigen, in denen wir die vergangenen vier Monate gearbeitet haben.
In diesem Zusammenhang haben wir natürlich auch einen kurzen Abstecher nach Kiruhura gemacht, um zu schauen, wie es denn Lutzine so geht.
Überrascht konnten wir zunächst feststellen, dass sich seit unserem letzten Aufenthalt einiges verändert hatte. Das Haus für die geplante Teestube war fertig gestellt, einschließlich einiger einfacher Holztische und Bänke. Und bereits seit zwei Wochen, wird dort auch schon Tee und traditionelles Brot an die Schüler der nahe gelegenen Schule verkauft. Wir waren vollkommen platt, wie weit die Planungen bereits vorangeschritten und verwirklicht worden waren. Auch Lutzine selbst fraß gesund und munter den ganzen Tag und gibt mittlerweile 12 Liter Milch am Tag. Wie wir zudem feststellen konnten, war eine weitere positive Nebenwirkung der Kuhspende, die neu erlangte Kreditwürdigkeit der Gemeinde. Mit der Kuh als Sicherheit konnte Pfarrer Emmanuel nämlich nun einen (kleinen) Kredit bei einer ruandischen Bank aufnehmen, mit dem weitere Projekte vorfinanziert werden können.
Darüber hinaus konnten wir in Kiruhura, wie wir bereits angekündigt hatten, auch nochmals eine große Kleiderspendenaktion durchführen, die aus den restlichen Spendengeldern für die Kuh, finanziert werden konnte. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an alle Spender! Dabei hat die dortige Gemeinde im Vorfeld eine Liste besonders bedürftiger Familien erstellt, sodass die Kleider geordnet an die richtigen Leute verteilt werden konnten. Die Verteilung hat dann auch durch tatkräftige Unterstützung des dortigen Kirchenvorstands und Antonia und Marlies gut geklappt. Insgesamt waren wir also außerordentlich positiv überrascht über die Entwicklung im Dorf und beschlossen daraufhin auch im August noch einmal für einen letzten längeren Besuch nach Kiruhura zu kommen.
Fotos dazu findet Ihr im neuen Album „News von der Kuh/Kleiderspendenaktion“…
Selbstjustiz
Ruanda ist ein Land mit stabiler Sicherheitslage. Dieses Urteil können wir nach nun fast fünf Monaten im Land vorbehaltlos unterschreiben. Obwohl wir als Weiße deutlich mehr Geld zu Verfügung haben als der Durchschnitt der Bevölkerung gab es die ganze Zeit über gerade einmal zwei eher dilettantische Taschendiebstahlversuche zu verzeichnen. Verglichen mit europäischen Großstädten, wie zum Beispiel Istanbul ist dieser Schnitt nicht der Rede wert. Natürlich ist die Polizei- und Militärpräsenz im Land für europäische Maßstäbe ungewohnt hoch, was uns zunächst als Erklärung für die offenkundig eher geringe kriminelle Energie zumindest im Alltagsleben, diente.
Nachdem wir aber mittlerweile bereits zweimal unfreiwillig Zeugen eines schrecklichen Schauspiels wurden, wurde uns auf bittere Weise deutlich, warum darüber hinaus Stehlen in Ruanda nicht besonders ratsam ist. Wird ein Dieb in Deutschland ertappt, wird er gefasst und anschließend der Polizei übergeben. Dies ist zwar eine mentale Demütigung für den Ertappten die Festnahme zieht aber im Normalfall keinerlei körperliche Züchtigungen oder Schmerzen nach sich, es sei denn der Dieb wehrt sich ungewöhnlich heftig oder wird aggressiv. In Ruanda ist das anders: Zwar hält sich auch die Polizei mit Prügeln und Schlägen zurück, in der Mentalität der Menschen hier ist es jedoch nahezu flächendeckend verankert, dass eine Straftat wie Diebstahl auch mit körperlichen Züchtigungen vergolten werden muss. Auf die Polizei verlässt sich hier jedoch keiner: Der Staat lässt die Diebe, um Gefängniskosten zu sparen, sowieso nach wenigen Tagen oder sogar Stunden wieder frei, so die landläufige Meinung vieler Ruander, und kann daher eine adäquate Bestrafung der Täter im Sinne der Bevölkerung oder der Geschädigten nicht garantieren. Ob sich diese Position auf sämtliche Straftaten (also auch z.B. Mord) bezieht, wissen wir nicht, in Bezug auf Diebstahl jedoch, verhält es sich so. Wie unglaublich schockierend so ein Szenario für einen Europäer ist, für den sein Recht auf Körperliche Unversehrtheit so selbstverständlich ist, wie das Amen in der Kirche, konnten wir bereits zweimal unfreiwillig erleben. Unterwegs auf einem großen Markt in Kigali sahen wir plötzlich einen jüngeren Mann schnell davonrennen, gefolgt von einer johlenden Menschenmenge. In Sekundenschnelle kamen, angelockt vom Aufruhr, unzählige weitere Menschen herbei gerannt und so wurde der Täter recht schnell zu Boden gebracht. Dann jedoch fingen plötzlich alle, die um den hilflosen, am Boden liegenden Mann herumstanden an, wild auf den Dieb einzuschlagen, mit den Fäusten, mit den Füßen, sogar mit Stöcken. Immer mehr Leute kamen herbeigerannt, laut rufend, gepackt vom Rausch der Gewalt, so kam es uns vor. Hilflos versuchte der junge Mann noch zu entkommen, doch die Masse der Leute ließ ihm keine Chance. Sie prügelten auf ihn ein. Ohne Unterlass und mit sichtbarer Brutalität.
Schockiert, hilflos mussten wir dem Geschehen zuschauen. Nach einigen Minuten roher Gewalt gegen den Täter griff die Polizei, die nicht weit davon entfernt stand, das Geschehen abwartend beobachtend, schließlich ein, und schleppte den blutenden, weinenden (!) und geschundenen Dieb in Richtung ihres Polizeiautos.
In Gesprächen mit Einheimischen über dieses Ereignis stellten wir fest, dass dieser Umgang mit Dieben allgemein anerkannt und akzeptiert zu sein scheint. Nicht nur in Ruanda, sondern in ganz Ostafrika. In Uganda komme es sogar vor, so wurde uns berichtet, dass Diebe am Ort des Geschehens zu Tode zu geprügelt werden, Kritische Stimmen zu dieser Praxis hörten wir erschreckenderweise kaum. Natürlich kann man sich damit etwas trösten, dass ein ruandischer Dieb genau weiß, was ihm im Falle des „Erwischtwerdens“ blüht, dennoch ist die Hilflosigkeit mit der man einer solchen Situation gegenübersteht unerträglich. Einzig eine Möglichkeit bleibt: Man nimmt seine Kamera, läuft auffällig mitten zum Schauplatz des Geschehens und fängt an das Szenario zu fotografieren. Dann greift die Polizei sofort ein. Für ein gutes Image gegenüber den Weißen, für den Schein eines Rechtstaats tut die Polizei hier alles: Dann erspart sie sogar einem chancenlosen Dieb rohe Gewalt und die Prügel des aufgebrachten Mobs.